Ganzheitliche Kindererziehung

 

Wenn Kinder nicht gehorchen

 

In vielen Familien ist der Alltag eine Aneinanderreihung von Kämpfen zwischen Kind und Eltern. Das Kind will morgens nicht aufstehen, es weigert sich, die Zähne zu putzen, es will nicht das anziehen, was die Mutter ausgesucht hat, es mag nicht frühstücken, es findet 10 Grad Aussentemperatur zu warm für eine Jacke, am Mittag matscht es im Essen, will lieber fernsehen als Hausaufgaben machen, kreischt den Supermarkt zusammen, weil es Kekse haben will, diese aber nicht bekommt, isst heimlich Schokolade statt Abendbrot und will schliesslich nicht zu Bett gehen, wenn der Vater es für richtig hält.

 

Was ist da passiert? Warum ist das Kind so widerborstig, so ungehorsam, so respektlos? Warum können sich die Eltern nicht durchsetzen, warum prallen alle Anweisungen und Drohungen scheinbar wirkungslos am trotzigen Kind ab?

 

Erziehung beginnt im Augenblick der Geburt

 

Natürlich sind Pauschalratschläge für Einzelsituationen im Sinne von "Wenn Ihr Kind nicht essen will, machen Sie dies und wenn es sich nicht anziehen will, machen Sie jenes" nicht sehr hilfreich. Jede Familie ist anders und jedes Kind empfindet anders. Doch beginnt Erziehung ja nicht erst in jenem Alter, in dem Kinder ihren Kopf durchsetzen wollen. Sie beginnt schon viel früher, nämlich in jener Sekunde, in der das Kind geboren wird.

 

Ganzheitliche Kindererziehung

 

Folgende Erziehungstipps können Ihnen die Basisgedanken einer ganzheitlichen Kindererziehung nahebringen. Sie schaffen die Grundlage für das, was sich alle Eltern wünschen: Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Eltern und Kind; eine Eltern-Kind-Bindung, die so eng ist, wie das Kind sie braucht, um sich geborgen und sicher zu fühlen und die sich gleichzeitig mit dem Alter des Kindes immer gerade so weit lockert, damit sich das Kind seiner ganz individuellen Art entsprechend frei entwickeln kann, es aber immer wieder in den Schoss der Familie zurückkehren kann.

 

Kinder, die ihren Lebensanfang auf die im Folgenden beschriebene Weise erleben und geniessen dürfen, die infolgedessen zu ihren Eltern eine intensive Bindung aufbauen konnten und ihre Eltern als verständnisvolle und gleichzeitig konsequente Menschen kennen, haben erfahrungsgemäss einen deutlich geringeren Hang zu Ungehorsam und Respektlosigkeit als Kinder, die auf all das verzichten mussten. Anders ausgedrückt, geben vorbildliche Eltern ihren Kindern einfach weniger Grund zu Ungehorsam und Respektlosigkeit.

 

Natürliche Geburt

 

Tragen Sie Ihr Baby

 

Nehmen Sie Ihr Baby mit in Ihr Bett

 

Stillen Sie Ihr Baby

 

Achten Sie auf eine gesunde Ernährung für Sie und Ihr Kind

 

Überfordern Sie Ihr Kind nicht

 


Ziehen Sie Grenzen

 

In ihrem tiefsten Innern wollen Kinder nicht in einer Welt leben, in der es keine Einschränkungen gibt. Sie verlangen praktisch danach, dass Eltern ihnen Grenzen stecken. Grenzen, in denen sie beschützt, geborgen und sicher aufwachsen können.

 

Sorgen Sie also für gewisse Spielregeln, die Ihren Familienalltag mitgestalten werden und die auch konsequent eingehalten werden müssen. Sind Ausnahmen nötig, dann werden diese nur gewährt, wenn es einen stichhaltigen Grund dafür gibt und wenn zuvor darüber im Familienrat gesprochen wurde.

 

Versetzen Sie sich in Ihr Kind

 

Wenn Ihr Kind beim Frühstück trödelt oder sich gänzlich weigert, ein Frühstück einzunehmen, dann sollten Sie in Erwägung ziehen, dass Ihr Kind noch einen deutlich gesünderen Instinkt in Bezug auf den richtigen Esszeitpunkt hat als Sie. Viele Menschen können am frühen Morgen einfach noch nichts essen.

 

Für diese Menschen ist es infolgedessen auch nicht gesund, sich entgegen ihres eindeutigen Körpergefühls ein Frühstück einzuverleiben. Vielleicht gehört Ihr Kind dazu. Respektieren Sie das! Fragen Sie es später noch einmal, ob es Hunger hat. Und falls es in den Kindergarten oder eine Kindertagesstätte geht, geben Sie Ihrem Kind lieber einen grösseren Proviant mit und informieren Sie die Erzieher, dass Ihr Kind erst am späten Vormittag frühstückt.

 

Auf dieselbe Weise sollten sie auch anderen scheinbaren Ungehorsam hinterfragen und mit Hilfe einer anderen Sichtweise Erklärungen und Lösungen dafür finden.

Fördern Sie die Talente Ihres Kindes

 

Ein Kind, das sich ernst genommen und auf seinem Weg durchs Leben unterstützt fühlt, ist ein zufriedenes und glückliches Kind. Betrachten Sie eine schlechte Note in Mathe (oder einem anderen Fach) nicht als Anlass für Schelte und Bestrafungen. Finden Sie stattdessen den Grund für die schlechte Schulnote heraus.

 

Vielleicht mag Ihr Kind den Lehrer nicht? Vielleicht fühlt es sich überfordert? Vielleicht hegt Ihr Kind auch einfach keine Sympathie für Zahlen? Macht nichts, man kommt auch ohne Mathe sehr gut durchs Leben. Natürlich sollte Ihr Kind die Grundkenntnisse in Mathematik beherrschen.

 

Kümmern Sie sich also darum, dass Ihr Kind in Mathe ein wenig gefördert wird – und zwar so, dass es Ihrem Kind Spass macht! Vielleicht gibt es jemanden, den Ihr Kind besonders cool findet und der ihm die Sache mit den Zahlen spielerisch und mit wirklich praktischen Beispielen nahebringen kann.

 

Das Ziel sollte kein Mathegenie sein. Das Ziel sollte sein, Ihrem Kind den Stress, die Langeweile und die Abwehrhaltung zu nehmen, die automatisch von ihm Besitz ergreifen, wenn die nächste Mathestunde naht. Das Ziel ist also vielleicht nur die nächstbeste Note. Schliesslich soll Ihr Kind sein Leben nicht damit verbringen müssen, sich auf seine Schwächen zu konzentrieren.

 

Ihr Kind hat Talente und Stärken und genau diese gilt es zu fördern! Viel zu oft müssen Kinder ihre Talente vernachlässigen, nur um sich krampfhaft ihren Schwächen zu widmen.

 

Ihr Kind findet Mathe vielleicht doof, dafür lernt es mit Leichtigkeit Sprachen und liebt Sport über alles. Fördern Sie diese Talente! Aber nicht zwanghaft und übertrieben. Gehen Sie mit der Begeisterung Ihres Kindes mit! Öffnen Sie Augen und Ohren, um zu erkennen, was Ihr Kind wann braucht – und geben Sie es ihm.

 

Erziehung bedeutet also nicht, das Kind nach den Wünschen und Vorstellungen der Eltern zu "ziehen" und zu gestalten, sondern das Kind als eigenen Menschen mit eigenem Denken und Empfinden wahrzunehmen; dem Kind im richtigen Augenblick das zu geben, was es für seine Entwicklung benötigt und es mit all dem zu verschonen, was seine Entwicklung behindern würde – getreu dem berühmten Zitat:

 

Wenn die Kinder klein sind, gib ihnen Wurzeln, wenn sie gross sind, gib ihnen Flügel.

Buchtipps und Quellen

 

  • "Die Suche nach dem verlorenen Glück" von Jean Liedloff
  • "Familienkonferenz" von Thomas Gordon